Back

Montessori ab Geburt – braucht mein Baby das schon?

Sarah Kolodziej | Pädagogin & Montessori Mama
Von Sarah Kolodziej | Pädagogin & Montessori Mama 21. Oktober 2025 • Aktualisiert: 21. Oktober 2025 8 Minuten

Du bist Mama eines Babys, findest die Montessori-Pädagogik toll und fragst dich nun: Ein Baby und Montessori – passt das überhaupt zusammen? Schließlich heißt Montessori doch „Hilf mir, es selbst zu tun“ und ein Baby kann doch noch gar nicht so viel selbst tun, oder? Genau hier liegt der erste große Irrtum. Montessori ist nicht erst dann geeignet, wenn dein Kind greifen, krabbeln, laufen oder sprechen kann, sondern beginnt bereits mit dem allerersten Atemzug.

Schon ab Geburt lernt dein Baby aktiv. Es nimmt Eindrücke auf, ordnet sie innerlich und beginnt, die Welt ganz langsam Stück für Stück zu verstehen. Montessori für Babys bedeutet deshalb vor allem eins: Vertrauen in die natürlichen Entwicklungsprozesse deines Kindes. Du musst dein Baby nicht fördern, du darfst es einfach begleiten. Dabei zählt vor allem deine innere Haltung: achtsam, ruhig und geduldig.

In diesem Beitrag verrate ich dir, wie Montessori im Babyalter aussehen kann, wie du geeignete Impulse geben kannst, die dein Baby sanft unterstützen und warum es so wichtig ist, damit nicht zu früh zu beginnen.

Inhaltsverzeichnis

Die ersten Wochen: Ankommen in der Welt

In den ersten Lebenswochen braucht dein Baby keine speziellen Spielzeuge. Alles ist neu: Licht, Geräusche, Gerüche, Berührungen. Das Gehirn arbeitet auf Hochtouren, um all diese Reize zu verarbeiten. Die wichtigste „Montessori-Umgebung“ in dieser Zeit bist deshalb du selbst: deine Stimme, dein Gesicht, dein Herzschlag, deine Präsenz.

Halte dein Baby nah, sprich ruhig mit ihm, berühre es sanft und schaffe gern schon ruhige, wiedererkennbare Abläufe. Statt ständig zusätzliche Reize zu bieten, ist jetzt Wiederholung und Beständigkeit sehr wertvoll. Das entspricht ganz dem Montessori-Gedanken: Kinder lernen durch Wiederholung und durch Sicherheit.

Montessori bedeutet also auch für Babys: Weniger ist mehr. Verzichte deshalb gern auf einen Laufstall voller Rasseln, knallbunte Babydecken und blinkendes, lautes Spielzeug. Gestalte für dein Baby stattdessen lieber eine ruhige Ecke mit einer weichen Unterlage, beispielsweise einer Krabbelmatte, auf dem Fußboden und warmem Licht – einem Wohlfühlort, an dem du ganz präsent mit deinem Baby sein kannst.

Hier kannst du auf einen Blick sehen, warum deine Präsenz so wertvoll für dein Baby ist:

Dein Baby erkennt schon sehr früh Grundemotionen wie Freude, Trauer oder Ärger in deinem Gesichtsausdruck.

Das fördert emotionale Resonanz und unterstützt die Entwicklung seiner sozialen Kompetenzen.

Du reagierst kontinuierlich und feinfühlig auf die Bedürfnisse deines Babys.

Das fördert Selbstvertrauen und emotionale Stabilität bei deinem Baby und sorgt für ein tiefes Urvertrauen.

Du lächelst dein Baby herzlich und offen an.

Dein Baby spürt Sicherheit, Geborgenheit und tiefes Urvertrauen.

Du sprichst mit deinem Baby und singst ihm etwas vor.

Muster und Betonungen in deinen Worten prägen sich ein. Das ist sehr förderlich für den späteren Spracherwerb deines Babys.

Dein Baby imitiert deine Gesichtsausdrücke.

Dies ist die Basis für Empathie und soziale Kompetenz.

 

Erste Impulse für die Sinne

Wenn dein Baby beginnt, seinen Blick zu fokussieren und Bewegungen zu verfolgen, meist ab etwa zwei Monaten, kannst du langsam erste Montessori-Materialien einführen. Besonders bekannt sind die Montessori-Mobiles, die auf die visuelle Wahrnehmung und Konzentration von Babys abgestimmt sind. Sie sind bewusst schlicht gestaltet, um das Baby nicht zu überfordern. Mehr dazu findest du in unserem Beitrag zu Montessori-Mobiles.

Doch auch jenseits der Mobiles gibt es viele sanfte Möglichkeiten, dein Baby in dieser Phase zu begleiten:

  • Ein kleiner Spiegel auf Bodenhöhe neben der Krabbelmatte: So kann dein Baby beobachten, wie es sich bewegt, und lernt sich selbst kennen.

  • Natürliche Materialien: Zum Betrachten und Fühlen, etwa ein glatt geschliffener Holzring, weiches Gras oder ein leichtes Baumwolltuch. Bitte achte darauf, dass dein Baby sich nicht an Kleinteilen verschlucken kann.

  • Bewegung und Licht: Sanftes Sonnenlicht, das durch die Fenster fällt oder Schatten, die sich auf der Wand bewegen sind für Babys sehr spannend anzusehen.

  • Dein Gesicht und deine Stimme: Das sind die liebsten „Spielzeuge“ deines Babys und machen ihm nicht nur Spaß, sondern fördern auch noch eure Bindung.

Diese frühen Sinneseindrücke sind die Grundlage für alle späteren Lernerfahrungen.

Wichtig bleibt: Keine Reizüberflutung, klare Formen, ruhige Farben und viel Zeit, um alles zu verarbeiten. Montessori bedeutet nicht, das Baby zu entertainen, sondern ihm zu ermöglichen, seine Umgebung bewusst zu erleben. 

Wenn die Hände ins Spiel kommen

Etwa ab dem dritten Monat beginnt dein Baby, die Welt mit den Händen zu entdecken. Jetzt darf die Umgebung etwas impulsreicher werden. Montessori legt Wert darauf, dass Materialien echt, einfach und funktional sind. Statt Kunststoffrasseln oder blinkender Spielbögen, die oft zu starker Reizüberflutung führen, eignen sich zum Beispiel:

  • ein Greifball aus Stoff oder Holz

  • ein Greifring aus Naturmaterialien

  • eine Rassel aus Holz oder Metall

  • Textilien mit unterschiedlichen Strukturen

  • eine kleine Glocke, die dein Baby durch Bewegung zum Klingeln bringen kann

Das Prinzip bleibt immer gleich: nur ein Material zur Zeit anbieten, das Baby beobachten und entdecken lassen und nicht unnötig eingreifen. Montessori-Spielzeug ist nie dazu da, das Baby zu bespaßen, sondern um das anzuregen, was ohnehin schon in ihm steckt.

Bewegungsfreiheit statt Entertainment

Montessori heißt auch bei Babys: Freiraum schenken. Babys lernen aus eigenem Antrieb und aus ihrer eigenen Bewegung heraus. Ganz viel Zeit auf dem Krabbelmatte auf dem Fußboden bietet viel mehr Lernchancen als das Liegen in einer Wippe oder einem Stubenwagen. Denn hier kann dein Baby liegen, strampeln, sich drehen, rollen und schließlich robben. All das kann es ganz in Ruhe, in seinem eigenen Tempo lernen, weil du ihm die Zeit und den Raum dafür schenkst.

Das ist der Kern des Montessori-Gedankens: Selbstständige Erfahrung statt Anleitung. Du musst also gar nicht ständig eingreifen, sondern darfst beobachten und dein Baby sanft begleiten. Wenn es also versucht, sich zu drehen, es aber noch nicht schafft, dann hilf ihm nicht, sondern bleib präsent und ermutigend. Das Selbsttun deines Babys ist die Basis für sein späteres Selbstvertrauen.

Der Montessori-Alltag mit Baby

Montessori zeigt sich nicht nur im Spiel, sondern neben deiner Haltung auch in eurem Alltag. Für Babys ist jeder Handgriff, jedes Geräusch und jede Berührung eine neue, aufregende Erfahrung. Deshalb lohnt es sich, auch die kleinen alltäglichen Routinen bewusst zu gestalten. Begegne deinem Baby dabei achtsam und feinfühlig: Es soll spüren, dass die Welt ein sicherer, verlässlicher Ort ist, in dem seine Bedürfnisse ernst genommen werden.

Diese kleinen Rituale kannst du ganz leicht nach Montessori-Prinzipien gestalten:

  • Wickeln: mit ruhiger Sprache, Blickkontakt und sanften, klaren Berührungen, ohne Ablenkung durch Spielsachen.

  • Stillen oder Füttern: als bewusster Moment der Begegnung, mit Blickkontakt, nicht nebenbei, ohne Ablenkungen.

  • Abendroutine: beispielsweise mit einer sanften Babymassage, ruhiger Musik und sanftem Licht, schenkt deinem Baby ein Gefühl von Vorhersehbarkeit und Verlässlichkeit.

Wenn du Montessori schon kennst oder bereits meine anderen Beiträge gelesen hast, wirst du vieles wiedererkennen: Klare Struktur, natürliche Materialien, Vertrauen ins Kind. Für Babys gilt dasselbe – nur eben etwas sanfter.

Montessori beginnt mit dir

Du musst dein Baby nicht anleiten, um es zu fördern. Auch musst du nichts beschleunigen oder alles perfekt machen. Alles, was dein Baby zum Wachsen braucht, findet es in dir – in deiner Nähe, deiner ruhigen Stimme, deinem herzlichen Lächeln, deiner achtsamen Begleitung und eurer gemeinsamen Zeit.

 🙏 Montessori beginnt immer in deiner Haltung: „Ich vertraue dir. Du darfst in deinem Tempo wachsen. Ich begleite dich“.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Ab wann kann ich mit Montessori beginnen?

Von Geburt an. Am Anfang bedeutet Montessori jedoch vor allem: Achtsamkeit, Ruhe, Wiederholung. Spielmaterialien kommen erst später dazu.

Braucht mein Neugeborenes überhaupt Spielzeug?

Nein. Vor allem in den ersten Wochen sind deine Nähe, deine Stimme und deine Präsenz alles, was dein Baby braucht. Spielzeug wird erst interessant, wenn dein Baby beginnt, den Blick zu fokussieren und zu greifen. Hier kannst du auch gern Alltagsgegenständen nutzen.

Wie erkenne ich, dass mein Baby für ein neues Material bereit ist?

Beobachte es genau. Schaut es interessiert auf ein bestimmtes Objekt? Versucht es, danach zu greifen oder reagiert es auf Bewegungen? Aber Achtung: Das Wedeln mit Armen und Beinen kann schnell mit Freude verwechselt werden. Oft ist es aber ein Zeichen für Überforderung.

Sind Montessori-Mobiles besser als herkömmliche Baby-Mobiles?

Sie sind gezielter gestaltet und besser auf die Fähigkeiten und Bedürfnisse von Babys abgestimmt. Jedes Mobile entspricht einer bestimmten Entwicklungsphase und fördert Konzentration statt mit Reizen zu überfordern.

Kann Montessori mit beispielsweise einer Wippe oder einem Laufstall, kombiniert werden?

 Grundsätzlich ja. Entscheidend ist, dass dein Baby ausreichend Bewegungsfreiheit bekommt und viel Zeit auf der Krabbelmatte verbringt. Wenn du solche Produkte nutzen möchtest, nutze sie wirklich bewusst und zeitlich begrenzt.

Über die Autorin

Sarah Kolodziej | Pädagogin & Montessori Mama

Sarah Kolodziej | Pädagogin & Montessori Mama

Sarah ist ausgebildete Erzieherin, angehende Sozialpädagogin und Mama eines Kleinkindes. Die Montessori-Pädagogik begleitet sie seit vielen Jahren – in ihrer Arbeit mit Kindern wie auch im Familienalltag. Was sie daran besonders schätzt: Kindern mit echtem Vertrauen zu begegnen, ihnen Zeit zu lassen und Räume zu schaffen, in denen sie sich selbstbestimmt entfalten können.

Über uns

Selvaro ist aus unserem Alltag als Eltern entstanden – aus dem Wunsch, Räume zu schaffen, die Kinder ernst nehmen. Unsere Möbel laden zum Entdecken ein, fördern Unabhängigkeit und wachsen mit. Gefertigt in einer kleinen aber erfahrenen Werkstatt in Deutschland, aus natürlichen Materialien und mit einem zeitlosen Design, das nicht nur ins Kinderzimmer passt. Sondern in euer Zuhause.

Wachse mit uns!

Erhalte Tipps zur kindgerechten Gestaltung, Produktneuheiten und exklusive Angebote direkt in dein Postfach.