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Montessori-Materialien: Lernen mit allen Sinnen

Sarah Kolodziej | Pädagogin & Montessori Mama
Von Sarah Kolodziej | Pädagogin & Montessori Mama 07. August 2025 • Aktualisiert: 07. August 2025
Montessori-Materialien: Lernen mit allen Sinnen

Wenn ich meinem Kind beim Spielen zusehe, erlebe ich oft etwas Faszinierendes: Diese tiefe Versunkenheit, mit der es ein Objekt dreht, betrachtet, sortiert oder immer wieder die gleiche Bewegung wiederholt. Was von außen schlicht wie vertieftes Spiel aussieht, ist eigentlich ein ruhiger Lernprozess aus der eigenen inneren Motivation heraus, mit allen Sinnen, im eigenen Tempo. Genau hier setzen Montessori-Materialien an. Sie schaffen die Bedingungen, in denen ein Kind seine Fähigkeiten selbstständig entfalten kann.

In diesem Beitrag erfährst du, was Montessori-Materialien sind, was sie ausmacht, worauf du bei der Auswahl achten solltest und warum sie mehr sind als nur „besonderes Spielzeug“. Du bekommst Impulse, wie du geeignetes Material erkennst, wie du es Zuhause sinnvoll einsetzt und warum dabei weniger oft mehr ist.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Montessori-Materialien eigentlich?

Montessori-Materialien sind speziell entwickelte Lernmaterialien, die Kinder zum eigenständigen Entdecken einladen. Anders als klassisches Spielzeug lenken sie nicht ab, sondern führen durch ihre Gestaltung gezielt zu einem Lerninhalt, zum Beispiel Mengen begreifen, Formen erkennen und unterscheiden oder Bewegungsabläufe üben.

Typisch für Montessori Materialien ist die sogenannte Fehlerselbstkontrolle: Kinder erkennen selbst, ob etwas passt oder nicht, ganz ohne Korrektur, Lob oder Bewertung durch Erwachsene. Beim Ausprobieren nehmen sie direkt wahr, ob ihr Lösungsweg passend ist oder nicht. Sie werden neugierig, probieren immer wieder aus, suchen verschiedene Lösungswege. All das fördert Konzentration, Selbstvertrauen und innere Ruhe und bietet damit Impulse, die weit über das bloße Spielen hinausgehen.

Das macht Montessori-Materialien besonders:

  • Sie sind klar strukturiert und auf eine bestimmte Fähigkeit ausgerichtet.
  • Sie bestehen meist aus natürlichen Materialien wie Holz, Metall oder Stoff.
  • Sie fördern die Konzentration, das genaue Hinschauen und die Wiederholung.
  • Sie sprechen möglichst nur einen Lernaspekt an, z. B. Form, Größe, Gewicht oder Menge.
  • Sie laden zur Selbstkorrektur ein. Das Kind merkt allein, ob es die Aufgabe „richtig“ erfüllt hat.

 

Lernbereiche im Fokus: Sensorik, Mathematik und Sprache

Montessori Materialien fördern weit mehr als nur Selbstständigkeit – sie begleiten Kinder auch in zentralen Entwicklungsbereichen. Besonders sichtbar wird dies in drei Bereichen, die im Alltag meist ganz selbstverständlich mitschwingen:

Sensorik

Ein Grundpfeiler der Montessori-Pädagogik ist die Schulung der Sinne. Sensorische Erfahrungen helfen Kindern auf diese Weise, ihre Umwelt besser zu verstehen und zu strukturieren. Materialien wie der Braune Turm, die Geräuschdosen oder Tastbretter laden Kinder dazu ein, genau hinzusehen, zu hören und zu fühlen. Dabei trainieren sie ihre Wahrnehmung und schärfen ihre Sinne – eine wichtige Voraussetzung für differenziertes Denken und ganzheitliches Lernen. 

Mathematik

Bevor Kinder rechnen, zählen oder Zahlen schreiben, brauchen sie ein Gefühl für Mengen, Größenverhältnisse und Reihenfolgen. Montessori-Materialien wie die Rosa Treppe oder die Einsatzzylinder vermitteln mathematische Grundprinzipien durch wiederholtes Tun, Beobachten und Vergleichen. So entstehen erste Denkstrukturen, die später das abstrakte Verständnis von Mathematik vorbereiten.

Sprache

Sprache entsteht nicht nur durch das Sprechen selbst, sondern durch das ganzheitliche Erleben: hören, benennen, verstehen, nachahmen, wiederholen. Montessori-Materialien unterstützen diesen Prozess, etwa mit Bildkarten, realistischen Gegenständen oder Sandpapierbuchstaben. Kinder entdecken Laute und Begriffe mit allen Sinnen, eingebettet in echtes Tun. So wächst die Sprache des Kindes auf natürliche Weise.


Die beliebtesten Montessori-Materialien (ggf. Beispielbilder einfügen?)

Einige Montessori-Materialien sind so wirkungsvoll, dass sie an großer Beliebtheit gewonnen haben und in vielen Familien ihren festen Platz gefunden haben. Die fünf beliebtesten und bekanntesten stelle ich dir hier kurz vor:

  • Einsatzzylinder
    Ein Holzblock mit verschieden großen Öffnungen und passenden Zylindern zum Einsetzen. Kinder üben hier ganz nebenbei Feinmotorik, Konzentration und das Erfassen von Größenverhältnissen. Sie lernen durch wiederholtes Probieren, welcher Zylinder wohin passt.

  • Rosa Treppe
    Zehn rosa Holzquader in identischer Länge, aber mit zunehmender Höhe und Breite. Beim Bauen und Stapeln erfahren Kinder spielerisch das Prinzip der Dreidimensionalität und lernen, Größenunterschiede zu erkennen und einzuordnen.

  • Brauner Turm
    Zehn braune Würfel mit abnehmender Kantenlänge, die zu einem Turm gestapelt werden. Das Kind verfeinert dabei sein Auge für Proportionen und entwickelt ein erstes Gespür für mathematische Ordnung.

  • Geräuschdosen
    Kleine, paarweise identische Dosen mit unterschiedlichen Füllungen, die beim Schütteln verschiedene Geräusche machen. Kinder schulen hier ihren Hörsinn, lernen Unterschiede herauszuhören und passende Paare zu finden.

  • Sandpapierbuchstaben
    Große Buchstaben aus feinem Sandpapier auf Holzplatten zum Anschauen, Fühlen und Nachfahren. Kinder lernen hier erste Buchstaben – nicht allein als abstrakte Zeichen, sondern auch durch das Spüren der Formen und Richtungen.

  • Alltagsmaterialien wie ein Tablett mit Wasserkrug und Lappen
    Das Kind gießt Wasser ein, wischt es auf, wringt den Lappen aus – all das fördert nicht nur Koordination und Konzentration, sondern auch Selbstständigkeit im Alltag. Es merkt: Ich kann kleine Aufgaben ganz allein bewältigen.

Was Montessori Materialien mit Selbstständigkeit zu tun haben

Montessori-Materialien sind kleine Türöffner in die Selbstständigkeit. Sie schaffen echte Handlungsräume, indem Kinder selbst entscheiden, womit sie sich beschäftigen, wie lange sie etwas ausprobieren und wann sie es beenden. So üben sie jeden Tag Selbstverantwortung. Das Material ist dabei so gestaltet, dass es keinen ständigen Eingriff durch Erwachsene braucht. Kinder dürfen selbst wählen, entdecken, korrigieren.

Genau diese Freiheit stärkt ihr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Sie erfahren: Ich kann das ganz allein. Und dieses Erleben – ganz ohne Abhängigkeit von Lob oder Anleitung – ist eine der stärksten Grundlagen für echte Selbstständigkeit. Wenn du mehr über die Wirkungsweisen der Montessori-Pädagogik erfahren möchtest, schau in unserem Beitrag „Was ist Montessori“ vorbei.

Worauf du bei der Materialauswahl achten solltest

Du brauchst keine vollständige Sammlung an Montessori-Materialien, um deinem Kind eine entwicklungsfördernde Umgebung zu bieten. Ganz im Gegenteil: Montessori bedeutet, bewusst zu wählen, was gerade zum Entwicklungsstand deines Kindes passt.

Hier einige Impulse, die dir bei der Auswahl helfen:

  • Beobachte dein Kind: Womit beschäftigt es sich gerade gern? Welche Bewegungen wiederholt es?
  • Wähle ein oder zwei passende Materialien, nicht zu viel auf einmal.
  • Achte auf Materialien mit natürlicher Haptik, am besten aus Holz oder Stoff.
  • Vermeide lautes, blinkendes Plastikspielzeug. Es lenkt vom Wesentlichen ab.
  • Setze auf Materialien mit Selbstkontrolle, etwa Einsatzzylinder, Geräuschdosen oder Sortieraufgaben.

Auch Alltagsgegenstände eignen sich hervorragend: ein Löffel zum Umfüllen von Bohnen, ein kleiner Krug zum Eingießen von Wasser oder ein Tablett mit Alltagsaufgaben, zum Beispiel Knöpfe öffnen oder Wäsche falten. Wichtig ist dabei die Klarheit des Angebots und das Vertrauen, dass dein Kind damit selbst etwas schaffen kann.

Montessori-Materialien zu Hause nutzen – alltagstauglich und liebevoll

Es braucht keine Kita und kein Klassenzimmer, um Montessori-Materialien zu nutzen. Ein kleines, niedriges Regal auf dem Boden (wie z.B. das Regal von selvaro) mit wenigen, schön präsentierten Materialien reicht völlig aus. Achte darauf, dass dein Kind die Sachen selbstständig sehen, erreichen und zurückstellen kann. Beobachte, womit sich dein Kind länger beschäftigt und wo vielleicht gerade kein Interesse besteht. Wechsle das Angebot entsprechend regelmäßig aus. Mehr Informationen und konkrete Beispiele für die Gestaltung eines solchen Regals findest du in unserem Beitrag „Montessori-Regal“.

Viele Montessori-Ideen lassen sich mit Alltagsgegenständen umsetzen. Wichtig ist weniger das „Original“ als die dahinterliegende Haltung: dein Kind achtsam zu begleiten, seine Entwicklungsfenster zu erkennen und eine Umgebung zu schaffen, in der es selbst tätig werden darf. Manchmal reicht ein freier Nachmittag, ein bisschen Neugier und ein Blick in die Küchenschublade und schon entsteht ein kleines Montessori-Projekt mit großer Wirkung.

 🪚 Für ein bisschen Inspiration schau in unserem Beitrag
„DIY-Ideen für dein Montessori-Zuhause“ vorbei. Dort findest du einfache Ideen zum Nachmachen.

Fazit: Ein Material – viele Möglichkeiten

Montessori Materialien sind mehr als nur schön gestaltetes Lernspielzeug. Sie eröffnen Kindern die Freiheit, eigene Erfahrungen zu machen. Sie regen zum Denken an, fördern Selbstständigkeit und stärken das Vertrauen in die eigene Kompetenz, ganz ohne Druck, Belehrung oder Korrektur von außen. Das Kind selbst übernimmt die Kontrolle.

Du musst kein komplettes Montessori Regal mit allerhand Materialien anschaffen, um damit zu beginnen. Oft genügt schon ein einzelner Impuls, der wirklich zum Entwicklungsstand deines Kindes passt. Wichtig ist nicht die Menge der Impulse, sondern deine Haltung: aufmerksam beobachten, feinfühlig auswählen, deinem Kind Freiraum zum Lernen geben und dich zurücknehmen. So entsteht eine Umgebung, in der dein Kind nicht nur lernen, sondern sich als fähig erleben kann.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist der Unterschied zwischen Montessori-Materialien und normalem Spielzeug?

Montessori-Materialien sind bewusst so gestaltet, dass sie eine bestimmte Fähigkeit fördern, zur Selbstständigkeit einladen und eine klare Struktur haben. Kinder erhalten beim Ausprobieren direktes Feedback dazu, ob ihr Lösungsweg passend ist.

Ab welchem Alter sind Montessori-Materialien sinnvoll?

Schon ab dem Säuglingsalter, z. B. mit einem Greifring oder einem Mobile. Wichtig ist, dass das Material zum Entwicklungsstand passt.

Wie viele Materialien sollte ich gleichzeitig anbieten?

Weniger ist mehr. Zwei bis fünf ausgewählte Materialien, je nach Alter, reichen oft völlig aus, um das Interesse deines Kindes zu wecken und zu halten.

Muss es immer das Originalmaterial sein?

Nein. Viele Montessori-Ideen lassen sich einfach mit Alltagsgegenständen umsetzen. Entscheidend ist die klare Struktur und die Möglichkeit zur selbstständigen Nutzung.

Wo finde ich gute Montessori-Materialien für zu Hause?

Es gibt einige spezialisierte Anbieter, aber auch kleine Manufakturen oder Second-Hand-Plattformen. Achte auf natürliche Materialien und eine hochwertige Verarbeitung. Du kannst aber auch vieles selber machen!

Über die Autorin

Sarah Kolodziej | Pädagogin & Montessori Mama

Sarah Kolodziej | Pädagogin & Montessori Mama

Sarah ist ausgebildete Erzieherin, angehende Sozialpädagogin und Mama eines Kleinkindes. Die Montessori-Pädagogik begleitet sie seit vielen Jahren – in ihrer Arbeit mit Kindern wie auch im Familienalltag. Was sie daran besonders schätzt: Kindern mit echtem Vertrauen zu begegnen, ihnen Zeit zu lassen und Räume zu schaffen, in denen sie sich selbstbestimmt entfalten können.

Über uns

Selvaro ist aus unserem Alltag als Eltern entstanden – aus dem Wunsch, Räume zu schaffen, die Kinder ernst nehmen. Unsere Möbel laden zum Entdecken ein, fördern Unabhängigkeit und wachsen mit. Gefertigt in einer kleinen aber erfahrenen Werkstatt in Deutschland, aus natürlichen Materialien und mit einem zeitlosen Design, das nicht nur ins Kinderzimmer passt. Sondern in euer Zuhause.

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