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Die sensiblen Phasen nach Montessori als Schlüssel zur kindlichen Entwicklung

Sarah Kolodziej | Pädagogin & Montessori Mama
Von Sarah Kolodziej | Pädagogin & Montessori Mama 07. Oktober 2025 • Aktualisiert: 07. Oktober 2025 7 Minuten
Die sensiblen Phasen nach Montessori als Schlüssel zur kindlichen Entwicklung

Bestimmt hast du auch schon einmal Situationen wie diese beobachtet: Dein Kind baut seit über einer Stunde immer wieder denselben Turm aus Bauklötzen auf, um ihn anschließend umzustoßen. Oder es klettert auf euer Sofa, dann wieder herunter und versucht es nochmal auf anderen Wegen. Es ist dabei völlig konzentriert, wie in seiner eigenen kleinen Welt, und lässt sich durch nichts ablenken. Es handelt sich dabei nicht einfach nur um vertieftes Spielen, sondern um ganz besondere Entwicklungsphasen – die sensiblen Phasen nach Maria Montessori.

Doch was genau steckt dahinter? Was passiert in diesen sensiblen Phasen? Warum sind sie so bedeutungsvoll für die kindliche Entwicklung? In diesem Beitrag findest du Antworten auf deine Fragen – und erfährst außerdem, wie du sie erkennen kannst, um dein Kind bestmöglich begleiten zu können.

Inhaltsverzeichnis

Sensible Phasen, was bedeutet das überhaupt?

Maria Montessori prägte den Begriff der sensiblen Phasen. Sie war italienische Ärztin, Philosophin und Pädagogin und beobachtete im Rahmen ihrer Arbeit, dass es besondere Zeitfenster in der kindlichen Entwicklung gibt, in denen Kinder besonders aufnahmefähig für bestimmte Fähigkeiten und Lerninhalte sind. In diesen Phasen nimmt dein Kind die Welt also viel intensiver wahr, saugt Wissen und Eindrücke förmlich auf und übt neue Fähigkeiten mit großer Ausdauer und Begeisterung, ohne, dass du es dazu motivieren musst:

Typische Entwicklungsbereiche

 

  • Sprache: In dieser Lernphase saugt dein Kind Worte, Laute und Satzstrukturen regelrecht auf und übt sie spielerisch und völlig mühelos. Es macht Laute immer wieder nach, spricht jedes neue Wort nach und schnappt selbst in zufälligen Situationen Worte auf, die es dann häufig wiederholt.

  • Bewegung: Dein Kind möchte seinen eigenen Körper besser kennenzulernen und die Koordination sowie das Körpergefühl trainieren. Es nutzt jede Gelegenheit, um seine körperlichen Fähigkeiten auszutesten. Es balanciert zum Beispiel auf Bordsteinkanten, springt von Treppenstufen hinunter oder dreht sich so lange im Kreis, bis es lachend umfällt.

  • Ordnung: In dieser Phase will dein Kind verstehen, strukturieren und sortieren. Es räumt Gegenstände immer wieder aus, um sie anschließend auf unterschiedliche Weise wieder einzuräumen oder sortiert Spielzeug nach Größe oder Farbe.

  • Soziale Fähigkeiten: Beziehungen und soziale Regeln werden entdeckt, erprobt und geübt. Wie reagieren andere Kinder, wenn ich eine bestimmte Sache tue? Was passiert, wenn ich mich so verhalte? All das wird ausgiebig von deinem Kind erprobt.

💡 Übrigens: Wenn du mehr über Maria Montessori und ihre pädagogische Arbeit erfahren möchtest, schau unbedingt in unseren Beitrag “Was ist Montessori?” vorbei.

 

Warum sind sensible Phasen so bedeutungsvoll?

Sensible Phasen sind ganz besondere und zeitlich begrenzte Lernphasen. Oft überschneiden sie sich aber auch. Sie sind nicht an starre Altersgrenzen gebunden, sondern folgen dem individuellen Tempo deines Kindes. Wenn diese Phasen unbemerkt verstreichen, geht der natürliche und spielerische Zugang oft verloren. Zwar können Kinder auch später noch dieselben Fähigkeiten erlernen, oft geht dies dann aber mit mehr Mühe und weniger Freude einher. Deshalb ist es so wichtig, die sensiblen Phasen zu erkennen und liebevoll zu begleiten.

Maria Montessori hat ihr pädagogisches Konzept hierauf aufgebaut. Sie begleitete die sensiblen Phasen von Kindern gezielt, indem sie einen Rahmen schaffte, in denen die Kinder ihre Fähigkeiten üben konnten – so, dass sie sich frei ausprobieren und dabei sicher fühlen konnten:

  • Vorbereitete Umgebung: Die Umgebung ist so gestaltet, dass sie die kindlichen Bedürfnisse aufgreift und unterstützt. Beispiel: erreichbare Regale wie das Regal "Primo" von selvaro mit Montessori-Materialien, die zur jeweiligen sensiblen Phase passen.

  • Freiheit in Grenzen: Das Kind darf eigenständig handeln, ausprobieren, Fehler machen, wiederholen, korrigieren – stets in einem sicheren Rahmen.

  • Respekt und Achtsamkeit: Ganz nach dem bekannten Montessori-Zitat: „Hilf mir, es selbst zu tun!“. Das Kind wird als aktiver Gestalter seiner Entwicklung gesehen und mit Respekt begleitet.


 

So erkennst du eine sensible Phase bei deinem Kind

Folgende Anzeichen können dir signalisieren, dass dein Kind gerade in einer sensiblen Phase steckt und besonders empfänglich für Impulse ist:

  • Intensive Beschäftigung: Dein Kind zeigt eine starke Vorliebe oder Wiederholung bestimmter Tätigkeiten.

  • Fokussierte Konzentration: Es ist völlig vertieft und lässt sich kaum durch äußere Einflüsse ablenken.

  • Starke Motivation: Dein Kind fordert aktiv Möglichkeiten zum Üben seiner Fähigkeiten ein.

  • Interesse an bestimmten Themen: Es zeigt plötzlich sehr große Freude an einer bestimmten Tätigkeit, zum Beispiel am Sprechen, Ordnen, Basteln oder Klettern.

➜ Beobachte dein Kind aufmerksam und mit viel Feingefühl und hab keine Angst davor, einen Fehler zu machen! Dein Kind wird dir genau zeigen, was es gerade von dir braucht, wofür es noch nicht bereit ist und was es gern wiederholen würde.

 

So begleitest du dein Kind in seiner sensiblen Phase

Wenn du feststellst, dass dein Kind sich gerade in einer sensiblen Phase befindet, dann stoppe es nicht. Unterstütze es stattdessen in seinem Bedürfnis, indem du ihm kleine passende Aufgaben anbietest, die es selbstständig erledigen kann. Interessiert es sich beispielsweise gerade fürs Ordnen, so könnte es zum Beispiel Bausteine nach Farben ordnen oder dabei helfen, die Geschirrspülmaschine auszuräumen.

Übt es sich gerade eher in Bewegung, könntest du mit deinem Kind unterschiedliche Spielplätze mit spannenden Klettergerüsten besuchen oder Zuhause kleine Parcours aufbauen. All diese Übungen stärken die Selbstständigkeit deines Kindes und zeigen ihm, dass es in seinen Interessen und Bedürfnissen ernstgenommen wird. Das Gefühl, aktiv und erfolgreich zu handeln, ist ein starker Motor für das Erlernen neuer Fähigkeiten.

💡 Weitere Spiel- und Lernideen für euren Montessori-Alltag findest du in unserem Beitrag “Montessori-Materialien: Lernen mit allen Sinnen” und in der "Montessori Spielsachen Übersicht".

 

Einblick in unseren Alltag

Auch mein Kind steckt gerade in einer sensiblen Phase. Bewegung und das Entdecken der körperlichen Fähigkeiten steht bei uns gerade auf der Tagesordnung. Vor allem geklettert wird mit großer Begeisterung. Ob Sofa, Bett, Bank oder Klettergerüst – jede Gelegenheit wird genutzt, um auf unterschiedliche Weisen hinauf- und wieder hinunterzuklettern.

Zur Unterstützung in dieser sensiblen Phase eignen sich Pikler-Dreiecke, oder Kletterbögen besonders gut. Diese gibt es oft auch mit Rutsche zu kaufen – ideal, um aus ihnen unterschiedliche Klettervariationen zu bauen. In unserer Stadt gibt es einen tollen Kurs für Kleinkinder, in denen Kletterparcours aufgebaut werden, die sie dann eigenständig erkunden und ausprobieren dürfen. Für unser Kind ist das ein großes Highlight!

Ergreife die Chance!

Aus tiefer, innerer Motivation heraus lernen, ganz spielerisch und ohne Druck, mit viel Freude und Begeisterung – was könnte es Schöneres für dein Kind geben, als dies tun zu dürfen.

In einer Umgebung, die ihm Freiheit gibt und gleichzeitig ein Gefühl von Sicherheit vermittelt. Begleitet von seiner Bezugsperson, die es unterstützt und da ist, wenn sie gebraucht wird. Sensible Phasen sind wie Einladungen deines Kindes an dich. Nimm sie an, reiche deinem Kind die Hand und begleite es diesen besonderen Entwicklungsphasen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie lange dauert eine sensible Phase?

Das ist sehr unterschiedlich. Manche Phasen dauern länger an, andere sind recht schnell wieder vorbei. Sie klingen meist ab, wenn sich das Kind mit seiner neuen Fähigkeit sicher fühlt.

Kann man eine sensible Phase verpassen?

Ja und nein. Innerhalb der sensiblen Phase lernen Kinder leichter und mit mehr Freude, außerhalb braucht es oft mehr Aufwand und Mühe.

Brauche ich spezielle Montessori-Materialien, um die sensiblen Phasen zu nutzen?

Montessori-Materialien können hilfreich sein, sind aber nicht zwingend nötig. Wichtig ist vielmehr deine persönliche Haltung deinem Kind gegenüber.

Sind sensible Phasen bei allen Kindern gleich?

Nein. Sie treten zwar in ähnlichen Altersbereichen auf, aber Dauer, Intensität und Auslöser sind individuell.

Kann man eine sensible Phase verlängern?

Nein, nicht künstlich. Du kannst sie aber durch passende Impulse lebendig halten und deinem Kind dadurch über eine längere Zeit die Chance geben, seine Fähigkeiten noch weiter auszubauen.

Über die Autorin

Sarah Kolodziej | Pädagogin & Montessori Mama

Sarah Kolodziej | Pädagogin & Montessori Mama

Sarah ist ausgebildete Erzieherin, angehende Sozialpädagogin und Mama eines Kleinkindes. Die Montessori-Pädagogik begleitet sie seit vielen Jahren – in ihrer Arbeit mit Kindern wie auch im Familienalltag. Was sie daran besonders schätzt: Kindern mit echtem Vertrauen zu begegnen, ihnen Zeit zu lassen und Räume zu schaffen, in denen sie sich selbstbestimmt entfalten können.

Über uns

Selvaro ist aus unserem Alltag als Eltern entstanden – aus dem Wunsch, Räume zu schaffen, die Kinder ernst nehmen. Unsere Möbel laden zum Entdecken ein, fördern Unabhängigkeit und wachsen mit. Gefertigt in einer kleinen aber erfahrenen Werkstatt in Deutschland, aus natürlichen Materialien und mit einem zeitlosen Design, das nicht nur ins Kinderzimmer passt. Sondern in euer Zuhause.

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